_JP_3145_13_18_300Was haben Judith Moog (Bio Planète), Stefan Voelkel (Voelkel) und Orhan Yilmaz (Morgenland) gemeinsam?
Sie gehören zu den Pionieren der Bio-Branche und haben sich der Bio-Bewegung verschrieben, weit bevor viele andere den Gedanken verfolgten. Taucht ein mit mir in die Anfänge der Bio-Bewegung in Deutschland.

Ihr saisonales Lieblingsessen verrät einiges über Judith Faller-Moog: Ein Stück Weißbrot, eine reife Tomate, gutes Olivenöl. Die puristischen Zutaten stehen für die Verbundenheit mit der Urproduktion, die direkte Verbindung zum Bauern, Müller, Bäcker und natürlich zu den Olivenbäumen und Ölmühlen an ihren charakteristischen Standorten in Südeuropa. Die Chefin von Bio Planète, dem Ölspezialisten seit 1984, mag es authentisch-aromatisch und ohne Schnick-Schnack. Jedes ihrer neun ganz unterschiedlichen Olivenöle soll die Geschichte seiner Gegend erzählen – beim Wein nennen wir das Terroir. „Ich will die Olive schmecken, es darf ein bisschen herb und pikant sein, auch fruchtig und nicht zu flach“, beschreibt die Expertin, was auf Zunge und Gaumen erlebbar ist – und verrät, dass manches Mal, wenn die Muse dabei ist, innere Bilder der Landschaft auftauchen, aus dem ihr Öl stammt.

Längst verkostet die 48jährige nicht mehr jeden Tag all das, was dann in schönen Bio Planète-Flaschen in die Regale der Naturkostläden kommt. Seit 30 Jahren begleitet sie Olivenbauern, ihre ausdrucksstarken Bäume, die frisch geernteten, reifen Oliven und die Arbeit der stets in der Nähe liegenden Ölmühlen, meist Familienbetriebe in dritter oder vierter  Generation. „Lange Transportwege würden den empfindlichen Oliven schaden“, erklärt sie. Deshalb müssen die Bio Planète-Oliven vier bis maximal acht Stunden nach der Ernte verpresst sein.

Eine Bio-Marke aufbauen, vier Kinder groß ziehen, einen Bio-Hof in Sachsen managen und das wachsende Unternehmen Bio Planète zu steuern, braucht Kraft und Entschlossenheit. Judith Moog bezieht sie aus der Gewissheit, das Richtige zu tun und dabei mit Weggefährten an einem Strang zu ziehen. Diese Verbundenheit lässt sie berufliches und privates Leben bestens miteinander verknüpfen – für sie eine ganz selbstverständliche, natürliche Einheit. Dabei war die damals 15jährige voller Widerstand, als ihr Vater 1983 entschied, mit der Familie nach Südfrankreich überzusiedeln. Nach rastlosen Jahren in der Entwicklungshilfe sollte hier ein neues, geerdetes Leben beginnen. Als Öko-Landwirt wollte Franz J. Moog etwas Konkretes schaffen. Die „Domaine de la Planète“ wurde Namensgeberin für ein Unternehmen, das allzu rasch in die Hände der Tochter Judith überging, weil Franz J. Moog schon 1989 verstarb. Die junge Frau, die damals eigentlich Entwicklungshelferin werden wollte, hat aus dem kleinen Betrieb einen Spezialisten für naturbelassene, gesunde und geschmackvolle Öle gemacht, Ihre schon früh spürbare Beziehung zur Landwirtschaft war dafür ebenso hilfreich wie ihr Geschick, Menschen zusammen zu bringen und ihre Gabe, fokussiert auf Ziele hinzuarbeiten. Heute sagt die studierte Ernährungswissenschaftlerin: „Der Verarbeiterstolz, den wir in uns tragen, treibt mich an.“ Sie tankt Energie, wenn sie bei Landwirten einkauft, die sie oft schon seit langer Zeit kennt, die sorgfältig ausgewählten Ölsaaten verarbeitet und richtig gute Produkte zum Kunden bringen kann – inzwischen mehr als 70 verschiedene Öle. So verwandelt sie das Vermächtnis des Vaters, in dessen Fußstapfen sie mit gerade mal 21 Jahren getreten ist: „Es war meine Entscheidung, das zu übernehmen“.
Judith Moog links beim Sonnenblumen-Aussortieren_02_edit

Eingeprägt haben sich die Kontakte zu französischen Erzeugern rund um die „Domaine de la Planète“ – etwa wenn Monsieur Py mit seinem kleinen Laster auf den Hof fuhr, um Sonnenblumenkerne abzuliefern. Auf sechs Quadratmetern mit extra-schmalen, selbst gebauten Regalen und dem Beleuchtungssystem aus dem eigenen Wohnzimmer knüpfte Judith Moog Anfang der 1990er Jahre auf der BioFach Verbindungen in die deutsche Bio-Szene hinein. „Wir haben die damals begonnene freundschaftliche Art und Weise des Umgangs miteinander über lange Jahre gepflegt. Uns verbindet die gleiche Begeisterung.“ Inzwischen sind viele Unternehmen – nicht zuletzt auch Bio Planète – größer geworden, die Kontakte haben sich professionalisiert, aber die Gewissheit, dass viele Unternehmer*innen weiterhin ihre Ursprungs-Idee und die Leidenschaft der Pionierzeit im Herzen tragen, baut Brücken. So schätzt Judith Moog Gespräche mit den Branchenkollegen und freut sich, wenn Volker Krause von der Bohlsener Mühle rein schaut oder Wolfgang Heck von LifeFood/Taifun zu Besuch kommt. Tochter Josephine ist inzwischen selbst Landwirtin und bleibt damit den familiären Wurzeln treu. Und der seit 2004 gewählte Firmenstandort auf dem Bio-Hof Faller in Lommatzsch ist ein weiteres Bindeglied. Für Judith Moog stellt er zwar seit dem Tod ihres Mannes Wolfgang Faller ein zusätzliches Arbeitspensum bereit, ist aber andererseits auch Inspiration und Bestätigung. „Mit unserem Standort hier auf dem Land fühlen wir uns alle wohl. Es ist eine Freude für mich, wenn unsere Mitarbeiter*innen sichtbar gern zur Arbeit kommen.“ Die soll weiter gefördert werden, denn anders arbeiten, Flexibilität ermöglichen, Weiterbildungen anbieten und für Wohlfühlfaktoren wie die Köchin und ihr gutes Essen zu sorgen, sind Judith Moog Herzensanliegen. Das lässt sich auch über ihre Gedanken für die Zukunft der Branche sagen. „Klar haben wir gute Produkte, tolle Kollegen – aber wir sind eine kleine Branche und nicht unersetzbar.“ Die Unternehmerin mit den französischen Anklängen erinnert daran, wie wichtig es „uns“ war, die Fachhandelswelt mit Naturkostläden aufzubauen: „Das haben wir geschafft“. Jetzt gelte es, aufmerksam hinzuschauen und einen Zielkonflikt zu bewältigen. „Einerseits wollen wir mehr Biofläche in Deutschland und der Welt, andererseits einen kleinen, überschaubaren Naturkostfachhandel mit hohen Werten wie partnerschaftlichen Umgang und soziales Miteinander. Es gilt dann auch ehrlich zu schauen, ob das Mehr an Bio-Waren so abzusetzen ist.“ Für Bio Planète hat sie dafür bereits wichtige Weichen gestellt: Biodynamische Demeter-Projekte liefern inzwischen Rohstoffe und ziehen eine weitere Qualitätsebene ein. 2015 hat sie die Initiative „Gemeinsam für mehr Bio-Landwirtschaft in Deutschland“ gegründet – eine Initiative, die heimischen Landwirten faire Preise zusichert und ihnen langfristig eine Perspektive bieten soll. Über 16 Landwirte haben sich der Initiative bereits angeschlossen. Mit einer eigens aufgelegten Ölserie „Aus unserer Heimat“ will sie Verbrauchern ganz bewusst eine heimisches Alternative anbieten, darunter auch ausgefallenere Öle wie solche aus Mohn, Leindotter oder Senf. Und dabei, das ist ihr wichtig, den Bio-Landwirt in den Vordergrund rücken. Auf jedem Etikett ist deshalb genau der Landwirt zu sehen, der auch die Saat für das jeweilige Öl in der Flasche geliefert hat. „So etwas kann die interessierte Kundin dann natürlich nur in den spezialisierten Bioläden finden“, freut sich Judith Moog über diese Perspektiven. Für sie steht fest: „Wir tun das, was die Menschen von uns als Bio-Pionier und von unserem Verantwortungsgefühl erwarten.“ Ihr eigener Anspruch sorgt dafür, dass dieses Vertrauen nicht enttäuscht wird.

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Weitere Infos zu Bio Planète:
www.bioplanete.com