creme_julia-keith_fuer_denns

Genau diese Frage habe ich mir vor über zehn Jahren gestellt, als ich mir damals eine sehr teure (konventionelle) Gesichtscreme gekauft habe. Ich habe mich daraufhin intensiv mit der INCI-Deklaration beschäftigt, wollte aber nicht nur bei der Theorie bleiben: Ausgerüstet mit Rührbecher, Zutaten und leeren Tiegeln habe ich begonnen, eigene Kosmetikprodukte herzustellen. Ich kann mich noch gut an den Aha-Effekt erinnern, als ich meine erste Emulsion rührte: Da verwandelten sich die Öle, das Wasser und der Emulgator auf einmal zu einer fluffigen weißen Creme – wow! Die Creme stabil zu halten, ordentlich zu konservieren und eine auf der Haut angenehme Textur zu kreieren, das war allerdings nicht ganz so einfach. Ich wandte mich deswegen schließlich der Naturkosmetik aus dem Bioladen zu. Falls ihr nicht gleich unter die Selbstrührer gehen wollt, könnt ihr das gleiche Erlebnis haben, wenn ihr eine Mayonnaise aus Öl, Zitronensaft und Eigelb bereitet. Denn auch das ist eine Emulsion!Bei den meisten klassischen Cremes – ganz gleich ob Naturkosmetik oder konventionelle Kosmetik – handelt es sich um Emulsionen. Diese setzen sich aus einer Ölphase (z.B. pflanzliche Öle, Buttern) und einer Wasserphase (z.B. Wasser, Blütenwasser) zusammen, die von einem Emulgator (z.B. Glyceryl Stearate, Lecithin) verbunden werden. Ohne Emulgator würde sich das Öl nicht im Wasser lösen, sondern nur auf der Wasseroberfläche schwimmen. Emulgatoren haben einen fett- und einen wasserliebenden Bereich, der die beiden gegensätzlichen Phasen zusammenbringt. Eine Spontanemulsion ohne Emulgator entsteht, wenn man z.B. ein Öl und ein Hydrolat vermischt und kräftig schüttelt – nach einigen Sekunden teilen sich jedoch die beiden Phasen wieder.

Man kann zwei grundsätzliche Aufbauprinzipien von Emulsionen unterscheiden: Einmal die Öl in Wasser-Emulsion (O/W) und dann die Wasser in Öl-Emulsion (W/O). Bei einer Öl in Wasser-Emulsion werden die Fetttröpfchen im Wasser eingebettet. Diese Cremes haben eine leichte Textur, ziehen schnell ein und bieten Feuchtigkeit. Im Vergleich dazu ist die Wasser-in-Öl-Emulsion deutlich reichhaltiger und bildet oft einen fettigen Film auf der Haut, denn die Wassertröpfchen sind von der Fettphase umgeben. Diese beiden Emulsionstypen existieren zudem in Mischformen oder aber können mit Gelstrukturen erweitert werden. Verdickungsmittel wie Pektin oder Stärke sorgen ebenfalls für einen Zusammenhalt der Öl- und Wasserphase.

Der Aufbau einer Creme orientiert sich an der Zusammensetzung des schützenden Hydrolipidfilms der Haut: Wässrige Stoffe wie Schweiß werden durch die hauteigenen Emulgatoren (z.B. Fettsäuren) mit dem Sebum verbunden. So werden der Haut sowohl Fette als auch Feuchtigkeit zugeführt.

Soweit das Grundgerüst einer Creme! Neben wässrigen und fetten Inhaltsstoffen sowie den Emulgatoren befinden sich noch weitere Inhaltsstoffe in einer Creme oder Bodylotion: Da wären Konsistenzgeber (z.B. Fettalkohole), ohne die eine Emulsion in etwa die Textur von ungeschlagener Sahne hätte, Gelbildner (z.B. Xanthan), Wachse und pflanzliche Buttern (z.B. Bienenwachs, Carnaubawachs, Sheabutter, Mangobutter), Hydratisierer (z.B. Glycerin), Wirkstoffe (z.B. pflanzliche Auszüge und Extrakte, Vitamine), ggf. ein angenehmer Duft, ein pH-Wert-Regulator sowie Konservierungsmittel, die gegen Bakterien, Hefen und Schimmel wirken. Ohne Konservierungsmittel wäre eine Creme leider nicht lange haltbar. Hier haben wasserlose Balms einen großen Vorteil: Sie verkeimen nicht!

Ein Beispiel: Basis Sensitiv Creme Soft von Lavera – Inhaltsstoffe mit ihren Funktionen

INCI: Water (=Wasserphase/Feuchtigkeit), Glycine Soja Oil* (=Ölphase/Lipid), Glycerin (=Hydratisierer), Alcohol* (=Lösungssmittel für pflanzliche Wirkstoffe und zugleich Konservierungsmittel), Cetyl Alcohol (=Konsistenzgeber, Emulgator), Glyceryl Stearate Citrate (=Emulgator), Sodium Lactate (=Feuchthaltemittel, pH-Wert einstellend), Simmondsia Chinensis Seed Oil* (=Ölphase), Fragrance** (=Duft), Aloe Barbadensis Leaf Juice* (=Hydratisierer, Wirkstoff), Rosa Damascena Flower Water* (=Wasserphase), Melissa Officinalis Leaf Water* (=Wasserphase), Xanthan Gum (=Gelbildner), Tocopheryl Acetate (=Wirkstoff, Antioxidanz), Cetearyl Alcohol (=Konsistenzgeber, Emulgator), Tocopherol (=Wirkstoff, Antioxidanz, Konservierungsmittel), Helianthus Annuus Seed Oil (=Fettphase), Ascorbyl Palmitate (=Wirkstoff, Antioxidanz, Konservierungsmittel), Limonene**, Linalool**, Geraniol**, Citral**, Citronellol**, Benzyl Benzoate** (=Teil von Duftstoffen, letzteres wird auch als Konservierungsmittel eingesetzt). * ingredients from certified organic agriculture **from essential oils

Der Großteil der Feuchtigkeitscremes im Handel sind Öl in Wasser-Emulsionen, da sie sich auf der Haut nicht fettig anfühlen und deswegen von den meisten Kunden bevorzugt werden (wie auch die oben genannte Basis Sensitiv Creme Soft von Lavera). Damit auch diese leichteren Cremes gut und nachhaltig pflegen, muss insbesondere die Fettphase der Emulsion sinnvoll konzipiert werden: Hierfür hat jede Firma ihre eigene Strategie entwickelt. Reichhaltige Wasser in Öl-Emulsionen lassen sich z.B. in den Sortimenten von Dr. Hauschka und Martina Gebhardt finden.

Auch wenn die Grundprinzipen des Aufbaus einer konventionellen Creme und einer Naturkosmetikcreme gleich sind, unterscheiden sich die einzelnen Inhaltsstoffe der Emulsionen deutlich: So werden in der konventionellen Kosmetik z.B. Erdölderivate statt pflanzlicher Öle oder andere Konservierungsmittel und Emulgatoren als in der Naturkosmetik eingesetzt. Was Naturkosmetik auszeichnet, das habe ich vor einigen Monaten beschrieben – und weitere Posts zum Thema sind bereits in Planung.

Na, habt ihr schon mal eine Creme selbstgerührt oder eine Mayonnaise hergestellt? Ich hoffe, ich konnte den grundsätzlichen Aufbau einer Creme verdeutlichen 🙂