„Warum muss eigentlich immer alles perfekt sein?“ frage ich mich, als ich mit meiner Oma in der Küche sitze und sie dabei beobachte, wie sie versucht den Kopf des verunglückten Osterlamms wieder an seinen Körper zu flicken. Die Bruchstelle kaschiert sie danach liebevoll mit einem Schleifchen und schüttelt dabei ungeduldig den Kopf.
Meine Oma ist grade 91 Jahre alt geworden und kämpft jeden Tag gegen ihre schwindenden Kräfte. Unermüdlich schmiedet sie Pläne, damit sie in Bewegung bleibt und nicht „einrostet“. Kuchen backen und Gartenarbeit halten sie körperlich und mental fit. Jeden Abend um 20 Uhr schaut sie die Tagesschau, das ist obligatorisch. Am Weltgeschehen und der Tagespolitik ist nach wie vor interessiert, obwohl sie das Haus fast nur für ihre kleinen Einkäufe mit ihrem Rollator verlässt.
Wenn mal etwas nicht so klappt wie meine Oma es sich in den Kopf gesetzt hat, ist sie erst mal von sich enttäuscht. Aufgeben kommt aber gar nicht in Frage! Sie überlegt sich dann in Ruhe, wie sie ihre Ziele doch noch erreichen könnte. Dann eben auf Umwegen! Ich bewundere ihre Einstellung und die Würde, mit der meine Oma altert.
Stolz begutachten wir das verunglückte Osterlamm. Die Bruchstelle am Hals blitzt noch ein wenig unter dem Schleifchen hervor, aber das stört uns nicht.
Omas Osterlamm
Zutaten für 1 Osterlamm (70 ml Füllmenge)
60 g Butter, zimmerwarm
60 g Zucker
1 Prise Meersalz
2 Eier
70 g Mehl (Type 405)
60 g Mandeln, gemahlen
50 g Speisestärke
1 TL Weinsteinbackpulver
½ Pck. Vanillemark
½ Zitrone
2 TL Puderzucker
Zubereitung:
- Backofen auf 160 °C (Umluft vorheizen).
- Butter, Zucker, Salz und Eier in einer Schüssel mit dem Handrührer schaumig rühren.
Mehl, Mandeln, Speisestärke und Backpulver vermischen. Nach und nach in die Schüssel geben und alles zu einem glatten Teig verarbeiten. - Zitrone heiß waschen und die Hälfte der Schale fein abreiben. Zusammen mit dem Vanillemark unter den Teig heben.
- Lammform einfetten, mit Mehl bestäuben und Teig befüllen.
- Auf der untersten Schiene etwa 35–40 Min. im Ofen backen. Auskühlen lassen, vorsichtig aus der Form lösen und mit Puderzucker bestreuen.
Der Hang zur Optimierung ist heute allgegenwärtig. Alles soll möglichst perfekt sein: Das raffinierte Ostermenü wird an der stilvoll dekorierten Tafel trendy gekleidet serviert. So jedenfalls suggerieren es Werbung, Lifestylemagazine und die sozialen Medien. Mit diesem Vorbild streben viele Menschen quasi ihr ganzes Leben nach Perfektion. Auch ich schließe mich nicht aus: Wenn ich gedankenverloren durch die vielen perfekten Instagramfeeds scrolle, ertappe ich mich manchmal dabei, mir auch so ein perfektes Leben zu wünschen. Aber dann kehre ich mit meinen Gedanken zurück in die Realität und denke mir: Alles nur Oberfläche. Ist doch alles gut, auch wenn´s nicht perfekt ist. Oder grade weil nicht alles perfekt ist.
Und so freuen wir uns umso mehr über die inneren Werte unseres wohlschmeckenden, frisch gebackenen Osterlamms, sind dankbar für das was ist und was wir haben und wünschen allen ein frohes Osterfest!