Hast du dir schon einmal Gedanken über’s Saatgut gemacht? Ich ehrlich gesagt nämlich nicht – auch wenn ich auf einem Bio-Bauernhof aufgewachsen bin. Bisher hatte ich bei dem Gedanken an Samenkörner höchstens die Sähmaschine meines Vaters im Kopf. Wenn es Zeit für die Aussaat war, befüllte er die Saatkammern mit Körnern von der letzten Ernte. Dann hat er die Sähmaschine an den Traktor gehängt und so die Saat auf die Felder gebracht.

Doch was daneben wirklich alles hinter dem Thema Saatgut steckt, war mir lange nicht bewusst.

Traktor mit Sähmaschine auf dem Feld

Ist unser Saatgut in Gefahr?

In den letzten Jahrzehnten sind 94 Prozent des weltweiten Saatguts unwiederbringlich verloren gegangen. Das heißt, dass die Vielfalt unserer Nutzpflanzen und somit auch die Grundlage unserer Ernährung stetig kleiner werden. Wie das passieren konnte? Eine gute Frage… Das Thema ist wahnsinnig komplex und facettenreich. Wahrscheinlich ist auch das ein Grund, weshalb bisher so wenig darüber geredet wurde.

 

Warum eine so große Menge Vielfalt verloren ging

Doch fangen wir mal von vorne an: Vor ca. 10.000 Jahren hat der Mensch begonnen, Nutzpflanzen planvoll anzubauen. Dadurch ist im Laufe der Zeit eine wahnsinnige Vielfalt an Kulturpflanzen entstanden. Das gelang durch langjähriger Züchtungsarbeit. Allerdings hat sich mit der Intensivierung der Landwirtschaft der Fokus immer mehr auf Gewinnerzielung gerichtet. Das Getreide sollte also möglichst viel Ertrag bringen und das Obst und Gemüse in den Regalen immer gleich aussehen. Um das zu erreichen, hat sich die konventionelle Landwirtschaft immer mehr auf einzelne Sorten konzentriert. Dadurch wurden viele Sorten verdrängt und sind teilweise unwiederbringlich verschwunden.

Ein Glas mit samenfestem Saatgut: Senfkörner, Linsen und Mungbohnen

 

Kernkraft? Ja, bitte! Deshalb brauchen wir Saatgut mit echter Kernkraft

Genau deshalb haben Denns BioMarkt und die BioMarkt Verbundgruppe die Initiative „Kernkraft? Ja, bitte!“ ins Leben gerufen. Denn: Wir essen, was wir säen.

Damit ist gemeint, dass sich unser Saatgut bzw. dessen Vielfalt letztendlich auch auf unsere Ernährung auswirkt. Unsere täglichen Mahlzeiten sind essentiell dafür, dass wir alle Aufgaben im Alltag bewältigen können. Ohne Nahrung können wir schlichtweg nicht leben. Bei all dem Überfluss, in dem wir leben, gerät dieser Aspekt schnell in Vergessenheit. Dabei ertappe auch ich mich immer wieder. Genau deshalb greift die Kampagne die enorme Wichtigkeit des Saatguts auf und macht sich stark für eine zukunftsfähige Ökozüchtung.

 

Wie wir unser Saatgut schützen und die Vielfalt bewahren können

Die Initiative „Kernkraft? Ja, bitte!“ setzt sich als Ziel, die genetische Vielfalt zu bewahren und  fortzuentwickeln. Dabei steht die Züchtung von nachbaufähigem Saatgut sowie der Verzicht auf  Gentechnik im Fokus.

 

Warum wir Vielfalt brauchen

Wir alle wissen, dass eine gesunde Ernährung abwechslungsreich sein sollte: Buntes Gemüse, Obst, Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen… Doch das ist nur möglich, wenn wir das Saatgut dieser gezüchteten Vielfalt erhalten. Wir brauchen also eine Züchtung, die diese Sorten bewahrt und weiterentwickelt. Nur so kann die Pflanzenvielfalt auch für nachfolgende Generationen erhalten bleiben. Was wir dringend benötigen, sind starke Sorten, die ohne Pestizide und Düngemittel widerstandsfähig sind. Und das auch blieben, wenn sich Bodenbeschaffenheit oder Klimaverhältnisse ändern.

 

Nachbaufähiges Saatgut statt Einweg-Samen

Genau wie mein Papa immer einen Teil der letzten Ernte einbehält und diesen im folgenden Jahr wieder auf die Felder bringt, sieht der natürliche Kreislauf fruchtbarer Sorten aus. So werden die Erbanlagen der Sorten immer wieder weitergegeben. Das heißt, dass aus dem Samen wieder eine Pflanze mit ähnlicher Gestalt und Eigenschaft wie dessen Elternpflanze wächst. Hier handelt es sich um sogenanntes samenfestes bzw. nachbaufähiges Saatgut. 

Dieser natürliche Kreislauf wird allerdings durch den Einsatz moderner Hybridsaaten unterbrochen. Die Samen der nächsten Generation können hier nicht wieder auf die Felder ausgebracht werden. Das hat zur Folge, dass die Landwirte jedes Jahr neues Saatgut kaufen müssen, um die Qualität ihrer Ernte erhalten zu können. Das macht sie abhängig von großen Saatgutkonzernen und verhindert eine planvolle Züchtung.

 


Nein zur Genschere

Wer sich mit Pflanzenzüchtung befasst, stößt unweigerlich auf das Thema Gentechnik. Im Ökolandbau wird Gentechnik ganz und gar ausgeschlossen. Die ökologische Pflanzenzüchtung sieht Zelle und Genom als eine unteilbare Einheit an. In der konventionellen Landwirtschaft hingegen werden verschiedene Verfahren angewendet, die beispielsweise Veränderungen am Genom vornehmen. Deshalb macht sie die Kampagne „Kernkraft? Ja, bitte!“ stark für eine Züchtung mit natürlichen Methoden und somit ganz ohne Gentechnik.

Gemeinsam aktiv werden: Was du tun kannst

Damit wir unsere Vielfalt so gut wie möglich schützen können, müssen wir alle anpacken! Hier habe ich drei einfache Tipps, wie auch du was bewegen kannst:

 

1. Erzähle Freunden und Bekannten davon

Auch wenn sich die Ökozüchtung immer weitervernetzt, ist die Wichtigkeit der Thematik noch lange nicht im Bewusstsein der Menschen angekommen. Deshalb sprich einfach mal Leute aus deinem Umfeld auf das Thema Saatgut und Züchtung an! Je mehr darüber geredet wird, desto besser!

2. Ökologisches Saatgut kaufen

Ob für Kresse, Küchenkräuter oder Balkongemüse: Wenn du auf der Suche nach Saatgut bist, achte auf samenfestes Ökosaatgut. Nicht-samenfestes Saatgut erkennst du an dem Kürzel “F1”. So kannst du ganz einfach Hybridpflanzen vermeiden. Samenfestes Saatgut bekommst du im Bioladen oder bei diesen Anbietern.

3. Einfach mal nachfragen

Du möchtest mehr samenfestes Gemüse im Bioladen kaufen? Klasse! Dann achte auf den Hinweis „samenfest“ an den Deklarationsschildern. Bist du dir nicht sicher oder kannst keine Hinweise erkennen, frage gerne beim Personal nach!

Zusammenfassung: Mit Kernkraft? Ja, bitte! für eine vielfältige Zukunft

Puh, jetzt raucht dir wahrscheinlich ganz schön der Kopf. Bei all den komplexen Zusammenhängen können wir eines festhalten: Wir müssen jetzt handeln, damit nicht noch mehr unserer Vielfalt verloren geht. Denn Saatgut geht uns alle an! Genau das möchte die Initiative „Kernkraft? Ja, bitte!” ins Bewusstsein rufen. Wenn wir jeder einen kleinen Teil dazu beiträgt, können wir zusammen viel erreichen. Alles Infos zur Kampagne findest du unter www.kernkraft-ja-bitte.de

Was hast du bisher mit dem Thema Saatgut in Verbindung gebracht? Ich freue mich auf deine Gedanken in den Kommentaren!