Fastenzeit Fastenbier

Der Spätwinter ist eine Zeit, die hoffnungsfroh stimmt. Es wird morgens wieder früher hell, die ersten Blüten sprießen, die Vögel zwitschern in den Zweigen. Es ist aber auch die Zeit, in der ich körperlich am meisten durchhänge. Und das geht nicht nur mir so. Blass vom dauernden Stubenhocken sitzen wir da. Kälte, Dunkelheit und diese graubraune Tristesse draußen haben uns zugesetzt. Ganz zu schweigen von den Erkältungswellen, die durch die Schulen und Büros wabern. Und ausgerechnet jetzt, auf dem Höhepunkt der Ausgelaugtheit, soll die Fastenzeit anstehen? Wie ist denn der liebe Herrgott bitteschön auf diese Idee gekommen?

Möglicherweise, so sagen es die mir vorliegenden Quellen, waren es eher menschliche Wesen, die eine Fastenzeit genau zwischen Aschermittwoch und Gründonnerstag einführten. Fasten im Sinne der Einkehr, verbunden mit einem vorübergehenden Verzicht auf weltliche Genüsse, ist in vielen Kulturen belegt, und das teilweise seit Tausenden von Jahren. Das frühchristliche Fasten gestaltete sich dabei noch ähnlich wie der Ramadan. Das heißt, es durften während des Tages (vor der neunten Stunde, also vor 15 Uhr) keine Mahlzeiten eingenommen werden. Früh war auch schon das Fleisch mit diesem Fastenbann belegt. Das mittellateinische carnelevarium, aus dem sich der Karneval entwickelte, bedeutet beispielsweise Fleisch wegnehmen. Irgendwann zwischen dem 4. und dem 8. Jahrhundert muss es dann dazu gekommen sein, dass die vielen regional verschiedenen Fastenzeiten zu einer genau geregelten, 40 Tage währenden Periode zusammengefasst wurden.

Wie kommt das Bier in die Fastenzeit?

Dass die Fastenzeit in den Spätwinter fällt, ist dabei kein Zufall. Es hängt nämlich nicht nur mit dem religiösen Hintergrund zusammen, sondern schlichtweg auch damit, dass viele Vorräte aus dem Herbst bereits aufgebraucht waren. Und die Zeit bis zur neuen Ernte war noch lang. Wer jetzt allzu fröhlich weiterschlemmte, hätte einen Monat später mit völlig leeren Kammern dastehen können. Insofern trägt die Fastenzeit auch ein erzieherisches Element in sich. Schließlich ließen sich Nahrungsmittel in früheren Zeiten nicht unbegrenzt aufbewahren, und solch wunderbare Errungenschaften wie Bio-Supermärkte waren eher rar gesät.

Bierkeller Franken

Neulich bin ich auf einem Spaziergang an diesen Türen unter Baumwurzeln vorbeigekommen. Das Reich der Schneewittchen-Zwerge, könnte man meinen. In Wirklichkeit handelt es sich um die Kühlschränke unserer Vorfahren. Denn hier trieben sie Hohlräume in den Stein, um dort relativ gut gekühlt verderbliche Ware zu lagern. Besonders häufig wurden Bierfässer in diesen Waldkellern aufbewahrt. In Franken geht man deshalb traditionell auch nicht in den Biergarten, sondern auf den Keller. Das Bier stammt dabei aus dem Keller unterhalb, und oben sind Tische und Bänke aufgebaut. Bier besaß in früheren Zeiten ohnehin eine wesentlich größere Bedeutung als heute. Weil Wasser oft gefährliche Keime aufwies, war es wesentlich sicherer, die abgekochte und alkoholisierte Version zu nutzen. Dünnes Haferbier wurde entsprechend in rauen Mengen getrunken.

In der Fastenzeit jedoch musste es etwas Nahrhafteres sein, gerade für Mönche und Nonnen, die das liturgische Verzichten besonders konsequent betrieben. Liquida non frangunt ieiunium, Flüssiges bricht das Fasten nicht, so lautete die kirchlich abgesegnete Erlaubnis, während der Fastenzeit auf Bier zurückgreifen zu können.

Dichte Biere für eine dünne Zeit

Neumarkter Lammsbräu Dunkel Bier

Ein schönes Beispiel für den malzigen und damit nahrhafteren Stil ist das Dunkel vom Neumarkter Lammsbräu, das es zum Glück auch rund ums Jahr gibt. Die Neumarkter besitzen eine eigene Mälzerei und geben ausschließlich (edleren) Naturdoldenhopfen in die Würze. Dadurch sind eigentlich all ihre Biere mit dieser fein kräutermalzigen Note ausgestattet. Das Dunkel besitzt dabei eine leuchtend rotbraune Farbe und ist trotz des schönen Malzgeschmacks gar nicht besonders alkoholreich. 5,0 vol% genügen da vollkommen. So ein dunkles Bier passt wirklich hervorragend zu einer Pilzpfanne und vor allem zu frischem Bauernbrot.

Riesenburger Emmer-Bier

Das Emmerbier der Riedenburger Brauerei stammt ebenfalls aus Bayern, ist aber in einem ganz anderen Stil gehalten. Es besteht nämlich nicht nur aus Gerstenmalz, sondern hat gleich fünf Getreidesorten in sich vereint. Neben Gerste und Weizen sind das Emmer (logisch, daher auch der Name), Einkorn und Dinkel. Noch dazu ist das Bier naturtrüb, und zwar so richtig. Kräutermalzig zeigt sich das Emmerbier zwar ebenfalls, aber dann kommen Aromen, die mich auf Wiesen, Gras und Kornfelder führen. Es gibt sogar einen leichten Kombucha-Touch. Wem herb-hopfige und bier-börpsige Geschmäcker ein Grauen sind, findet hier eine Interpretation weit weg vom industriellen Einheitsbrei. Gekochtes Gemüse, aber auch frische Salate passen ausgezeichnet dazu.

Röstmalz ahoi!

Fastenzeit Störtebeker Stark-Bier

Zum Schluss gibt es noch ein Bier, das allein seiner technischen Daten wegen hervorragend in die Fastenzeit passt. Das Stark-Bier von Störtebeker aus dem hohen Norden ist in der Tat ein starkes Bier mit 7,5 vol% Alkohol. Ein gutes Starkbier hat allerdings nicht nur viel Wumms, sondern auch einen entsprechend aromatischen Geschmack. So ist es auch hier. Mahagonifarben fließt das Bier ins Glas. Ich schmecke Maroni, also gebratene Esskastanien, röstige Noten nach Kaffee und Bitterschokolade, und am Ende bleibt das Stark-Bier trocken und präzise. Wir sind ja in der Fastenzeit, weshalb Gegrilltes als Begleitung eher flachfällt. Interessanterweise stelle ich aber fest, dass so ein starkes und röstiges Bier ein ausgesprochenes Faible für Knoblauch zu besitzen scheint. Koreanisches Kimchi macht sich ebenfalls sehr gut. Da kann ich nur sagen: Ausprobieren, bevor die Fastenzeit schon wieder zu Ende ist!