Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mich vor Jahren das erste Mal mit Inhaltsstoffen auseinandergesetzt habe: Ich wollte wissen, was eigentlich in meinem teuren Cremetiegel steckt. Es kostete mich einige Mühe, die kleingedruckte Angabe der Inhaltsstoffe auf der Verpackung zu entziffern, ich hangelte mich von Inhaltsstoff zu Inhaltsstoff. Das Ergebnis hat mich letztendlich verblüfft – und zur Naturkosmetik geführt.
Was eine INCI Deklaration ist
Der Begriff INCI-Deklaration steht für die englische Abkürzung International Nomenclature of Cosmetic Ingredients. Sie bezeichnet die internationale Richtlinie für die korrekte Angabe der Inhaltsstoffe von Kosmetika und ist in der EU seit 1997 für jedes Produkt gesetzlich vorgeschrieben.
Wie eine INCI-Deklaration aufgebaut ist
Die Angabe der Inhaltsstoffe nach der gesetzlichen INCI-Deklaration erfolgt immer nach absteigender Reihenfolge der Konzentration im Produkt: Was viel drin ist, kommt also zuerst – in Produkten wie Cremes und Bodylotions ist das meist Wasser (Aqua). Inhaltsstoffe, die weniger als 1% enthalten sind, müssen nicht in einer bestimmten Reihenfolge gelistet werden. Duftstoffe werden als Parfüm oder Aroma bezeichnet, 26 Bestandteile davon (natürliche und synthetische, letztere sind in Naturkosmetik natürlich nicht erlaubt) gelten als allergen und müssen ab einer gewissen Menge aufgeführt werden:
Alpha-Isomethyl Ionone, Coumarin, Amyl Cinnamal, Eugenol, Amylcinnamyl Alcohol, Evernia Prunastri Extract, Anise Alcohol, Evernia Fufuracea Extract, Benzyl Alcohol, Farnesol, Benzyl Benzoate, Geraniol, Benzyl Cinnamate, Hexyl Cinnamal, Benzyl Salicylate, Hydroxycitronellal, Butylphenyl Methylpropional, Hydroxyisohexyl 3-Cyclohexene Carboxaldehyde, Cinnamal, Isoeugenol, Cinnamyl Alcohol, Limonene, Citral, Linalool, Citronellol, Methyl 2-Octynoate
Am Ende einer INCI-Deklaration stehen noch die Farbstoffe, die mit der jeweiligen CI-Nummern (Colour-Index) gelistet werden. Die Kennzeichnung „+/−“ bedeutet, dass eventuell nicht alle der aufgeführten Farbstoffe im Produkt enthalten sind, zum Beispiel: [+/− CI 77941] (steht für rotes Eisenoxid).
Wie man die Recherche zu Inhaltsstoffen startet
So weit, so gut, aber wie versteht man nun all die Fremdworte in einer INCI-Deklaration? Gerade zu Beginn kommt man nicht darum herum, jeden einzelnen Stoff in Büchern (z.B. Kosmetik Inhaltsstoffe A-Z von Knieriemen/Pfyl) oder im Internet (z.B. kosmetik-check.de, codecheck.de oder via Suchmaschine) nachzuschlagen. Viele Naturkosmetikfirmen bieten die INCI-Deklaration ihrer Produkte auch auf Deutsch und erleichtern so das Verständnis. Mit der Zeit erkennt man die häufigsten Inhaltsstoffe schneller und muss glücklicherweise nicht mehr jeden Stoff recherchieren.
Was oft in einer INCI-Deklaration steht
Pflanzliche Inhaltsstoffe werden meist mit ihrem botanischen lateinischen Namen bezeichnet (z.B. Simmondisa Chinensis für Jojobaöl, Prunus Armeniaca für Aprikosenkernöl, Glycyrrhiza Glabra Extract für Süßwurzelextrakt oder Lavandula Angustifolia Oil für ätherisches Lavendelöl.)
Emulgatoren verbinden die Fett- und Wasserphase in einer Creme, Beispiele dafür sind Glyceryl Stearate Citrate (Verbindung aus Stearinsäure, Zitronensäure und Glycerin), Polyglyceryl-3 Polyricinoleate (basiert auf Glyzerin und Rizinusöl) oder Fettalkohole wie Cetyl Alcohol und Cetearyl Alcohol – alle vier sind in der Naturkosmetik zugelassene Emulgatoren natürlichen Ursprungs.
Als Feuchthaltemittel kommen in vielen Produkten z.B. Glyzerin oder Hyaluronsäure zum Einsatz. Typische Konservierungsmittel in der Naturkosmetik sind Alcohol (Ethanol) oder naturidentische Stoffe wie Benzoic Acid (Benzoesäure) oder Sorbic Acid (Sorbinsäure).
In konventionellen Produkten finden sich dagegen oft erdölbasierte Inhaltsstoffe wie Paraffinum Liquidum (Paraffinöl). Die in der Naturkosmetik ebenfalls nicht erlaubten Silikone erkennt man an der Wortendung -cone, z.B. Dimethicone. Auch PEG-Verbindungen (Polyethylenglycol), die meisten synthetischen Konservierungsstoffe wie BHT, BHA, Parabene oder Methylisothiazolinone sowie halogenorganische Stoffe (Verbindungen, die Chlor, Brom oder Jod enthalten, z.B. Chlorophenesin) haben in Naturkosmetik nichts zu suchen.
Ein Beispiel: Regenerierende Handcreme Bio Lavendel Vanille von Primavera
Water (=Wasser), Persea Gratissima Oil *org. (=Avocadolöl), Glycerin (=Glyzerin), Prunus Amygdalus Dulcis Oil* org (=Mandelöl), Butyrospermum Parkii* org (=Sheabutter), Simmondsia Chinensis Seed Oil* org (=Jojobaöl), Polyglyceryl-3 Stearate (=Emulgator), Aleuritis Moluccana Seed Oil (=Kukuinussöl), Sodium Stearoyl Lactylate (=Emulgator), Oenothera Biennis Oil* org (=Nachtkerzenöl), Glyceryl Stearate (=Emulgator), Fragrance** (=Parfüm), Lavandula Angustifolia Oil* org (=ätherisches Lavendelöl), Vanilla Planifolia Fruit Extract* org (=Vanilleextrakt), Aloe Barbadensis Leaf Juice* org (=Aloe Vera-Saft/-Extrakt), Helianthus Annuus Seed Oil* org (=Sonnenblumenöl), Sodium Levulinate (=Konservierungsmittel), Sodium Anisate (=Konservierungsmittel), Tocopherol (=Vitamin E), Xanthan Gum (=Gelbildner), Lactic Acid (=Milchsäure), Benzyl Benzoate** (=Bestandteil eines Duftstoffes), Citronellol** (=Bestandteil eines Duftstoffes), Eugenol** (=Bestandteil eines Duftstoffes), Geraniol** (=Bestandteil eines Duftstoffes), Limonene** (=Bestandteil eines Duftstoffes), Linalool** (=Bestandteil eines Duftstoffes) . * org = kontrolliert biologischer Anbau ** from 100% natural essential oils.
Kurz gesagt: Diese Handcreme basiert neben Wasser auf Avocadoöl, dem Feuchthaltemittel Glycerin, Mandelöl, Sheabutter, einem Emulgator und Kukuinussöl.
Ein anderes Beispiel: Die klassische Nivea Creme
INCI: Aqua (=Wasser), Paraffinum Liquidum (=Paraffinöl), Cera Microcristallina (=Paraffinwachs), Glycerin (=Glyzerin), Lanolin Alcohol (=Wollwachsalkohol), Paraffin (=Paraffinöl), Panthenol (=Provitamin B5), Decyl Oleate (=verarbeitetes Öl), Octyldodecanol (=Fettalkohol), Aluminum Stearates (=Verdickungsmittel) , Citric Acid (=Zitronensäure), Magnesium Sulfate (=Emulsionsstabilisator), Magnesium Stearate (=Emulsionsstabilisator), Parfum (=Parfüm), Limonene (=Bestandteil eines Duftstoffes), Geraniol (=Bestandteil eines Duftstoffes), Hydroxycitronellal (=Bestandteil eines Duftstoffes), Linalool (=Bestandteil eines Duftstoffes), Citronellol (=Bestandteil eines Duftstoffes), Benzyl Benzoate (=Bestandteil eines Duftstoffes) , Cinnamyl Alcohol (=Bestandteil eines Duftstoffes).
Kurz gesagt: Die Nivea Creme basiert neben Wasser auf Paraffinöl, Paraffinwachs, Glyzerin und einem Wollwachsalkohol, sie enthält also eine Reihe an petrochemischen Rohstoffen.
Wie man einen Inhaltsstoff bewertet
Jetzt kommen wir zum spannendsten Punkt! Gleich zu Beginn muss ich die Illusion zerstören, dass man bei der Recherche stets zu einem einfachen und eindeutigen Ergebnis kommen wird: Bei der Beurteilung eines Inhaltsstoffs kann man durchaus auf widersprüchliche Aussagen stoßen. Deswegen ist es so wichtig, mehrere Quellen verschiedener Herkunft zu berücksichtigen, um zu einer eigenen Einschätzung zu gelangen. Auch Fachleute sind übrigens oft unterschiedlicher Meinung, wie ein Stoff auf einen Menschen wirkt – und nicht alle Aspekte sind bisher erforscht.
In die Bewertung eines Inhaltsstoffes unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit fließt außerdem mit ein, mit welchen Verfahren der Rohstoff hergestellt wurde und ob der Inhaltsstoff biologisch gut abbaubar ist (Silikone oder EDTA sind z.B. nur sehr schlecht abbaubar). Orientierung bieten dabei die Listen der Siegel wie Natrue oder BDIH – nicht nur für die schnelle Einschätzung, ob es sich um ein Naturkosmetikprodukt handelt, sondern auch, ob ein einzelner Inhaltsstoff zertifizierungsfähig wäre.
Was die INCI-Deklaration nicht sagt
Leider kann man keine genauen Mengenangaben aus der Deklaration ablesen, eine Schätzung fällt oft schwer: Ist der zweite Inhaltsstoff nach Wasser in einem Produkt nun mit 30% oder zu 10% vertreten? Auch die Qualität oder die Herkunft eines Stoffes wird nicht weiter spezifiziert: Ob der Rohstoff aus Bioanbau stammt, führen meist nur Naturkosmetikfirmen auf. Ob das Glyzerin oder die Hyaluronsäure pflanzlicher Herkunft sind, steht ebenfalls nicht in der INCI-Deklaration – hier hilft nur, auf der Homepage des Herstellers nachzusehen oder direkt nachzufragen (in Naturkosmetik sind nur die pflanzlichen Varianten erlaubt).
Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick ins Wesen der INCI-Deklaration geben! Achtet ihr beim Kauf eines Kosmetikprodukts immer auf die INCI-Deklaration? Wie habt ihr damit begonnen, eine INCI-Deklaration zu entziffern?
12 Kommentare
30. October 2015 von ulrike
Liebe Julia, das ist wieder ein ganz hervorragender Beitrag von Dir: kompakt, logisch, gut erklärt! LG Ulrike
2. November 2015 von Julia
Danke schön für das nette Feedback :)
30. October 2015 von Theresa vom Projekt Schminkumstellung
Liebe Julia, vielen Dank für die schöne Zusammenfassung, die sicher den Einstieg in den INCI-Dschungel für viele erleichtert (: . Bei mir geht der erste Blick auf die Inhaltsstoffe, auch bei Naturkosmetik-Produkten. Denn auch da gibt es ein paar Dinge, die ich vermeiden möchte, ob nun aus eher "ethischen" Gründen wie z.B. Carmine, oder weil ich den Eindruck habe, ich würde den ein oder anderen Stoff nicht vertragen. Liebe Grüße (: .
2. November 2015 von Julia
Für mich ist eine INCI auch immer sehr interessant zu lesen, in mehreren Hinsichten - bei manchen Formulierungen würde ich zB gleich wissen, von welcher Firma das Produkt stammt, selbst wenn ich den Namen nicht lesen könnte ;) .
30. October 2015 von Testgitte70
Hallo Julia, danke für den tollen Bericht. Sehr verständlich erklärt. Auch wenn ich derzeit nicht blogge, studiere ich nach wie vor, die INCIs eines jeden Produktes bevor ich es kaufe/benutze. Das Durchblicken im INCI-Dschungel finde ich ganz schön schwierig, zumal wie du oben erwähntest man bei vielen Inhaltsstoffen unterschiedliche Meinungen hört/liest. Das macht das Ganze nicht unbedingt einfacher und mich immer ganz wuschig :-) Aber ich recherchiere diesbezüglich sehr gerne und habe auch meinen Spass dabei..... Liebe Grüße Brigitte
2. November 2015 von Julia
Ich finde es auch nicht so einfach, mit unterschiedlichen Studienergebnissen klar zu kommen, da muss man manchmal echt auch Widersprüchlichkeiten aushalten und selbst entscheiden, welches Fazit man für sich zieht...
31. October 2015 von tinted ivory
Dank Julia auch hierher gefunden :) nachdem ich ihre Beautynotizen seit Jahren lese. Zunehmend beschäftige ich mich mehr mit NK, u.a. auch wegen euch und eurer Berichte. ☼ Schaurigschönes Halloween, Eva
2. November 2015 von Julia
Oh, das ist schön, dass Du meinen Blog/Beauty-Notizen schon so lange liest und nun auch hier gelandet bist *freu*
31. October 2015 von Judith
Hallo Julia, danke für den sehr gut erklärten Beitrag. Bei mir ging es vor einigen Jahren eher langsam los und weil ich selbst begann, mit ätherischen Ölen zu experimentieren und parfümfreier Kosmetik. Dann habe ich von meiner Latex-Allergie erfahren und dass ich gewisse Substanzen meiden sollte wie z.B. (Xanthan) Gum aber auch Shea, Aloe, Avocado und bestimmte Lebensmittel wie Banane, Mango, Chia usw. Deswegen switche ich auch immer zwischen Natur- und konventioneller Kosmetik. So habe ich bisher auch noch keine natürliche Foundation ohne entsprechende Inhaltsstoffe gefunden, leider. Und für Puder ist meine Haut leider zu trocken. Gesichtsoele funktionieren super denn auch Cremes enthalten fast immer Gum. Aber ich experimentiere ja sehr gerne und lasse mich von den INCIs inspirieren für meine Eigenkreationen und modifizierte diese dann dementsprechend. Liebe Grüße!
2. November 2015 von Julia
Oh, Unverträglichkeiten und Allergien ist natürlich erst recht ein Grund, sich mit Inhaltsstoffen zu befassen. Scahde, dass pudrige Produkte nichts für die sind, denn Mineralfoundations wären natürlich ideal - hast Du denn schon mal Öl mit Mineralfoundation gemischt (dazu hat mich die Soft Focus Foundation von Vapour inspiriert: http://beautyjagd.de/2012/01/17/vapour-organic-beauty-atmosphere-soft-focus-foundation/ ) oder ein bisschen Minerals in deine Tagespflege gegeben? Das klappt bei mir auch gut. Viel Spaß und Erfolg weiter beim Mixen!!
3. November 2015 von tinted ivory
Nicht nur das liebe Julia, ich habe heute mein erstes komplettes Sortiment Pflege von Primavera gekauft :D Rein.milch, Toner, Feuchtigkeitspflege und Öl. Mal schauen, was es besser kann als alles bisherige. Bin momentan unzufrieden mit meiner Haut und suche Alternativen.
13. February 2019 von Floria
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Julia Keith, die Firma SensiSana gibt auf Ihrer Homepage die INCI-Liste zu ihren Produkten an. Nach dem Kauf mit der INCI-Liste auf der Verpackung verglichen, sind bei einigen Produkten Abweichungen vorhanden. Insbesondere fällt auf, dass Mandelöl (Prunus Amygdalus Dulcis) durch Olivenöl (Olea Europaea Fruit Oil) ersetzt wurde. Daraufhin setzte ich mich mit der Firma in Verbindung. Zitat aus der Mail-Antwort: Es ist richtig, seit 2014 ist in den Serien überall Olivenöl enthalten, Sie können dies im Prospekt und auf den Etiketten finden. Dies sollte auch auf unserer Website der Fall sein. Leider ist aus technischen Gründen ein Fehler auf unserer Website passiert, wir geben dies unverzüglich an den Systemadministrator weiter. Zitat Ende Mit vielen Grüßen, Floria